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Franjo

 

Anfang der achtziger Jahre ging in unserem Städtchen die Möbelfabrik Pleite. Auf einen Schlag stieg die Arbeitslosenquote in einen zweistelligen Bereich, und auch in „unserem“ Brillenladen, also meinem Lehrbetrieb, war mangels Nachfrage nicht mehr so viel zu tun wie gewohnt. Die Chefs waren leicht gereizt, wir Angestellten versuchten, ihnen aus dem Weg zu gehen, was nicht immer einfach war.

 

Nur der Kollege Franjo saß stillvergnügt an seinem Arbeitsplatz und werkelte pfeifend vor sich hin. Wie kam der bloß an all die Aufträge? Erst beim nächsten Schrankaufräumen kam ich hinter sein Geheimnis: Die Kiste mit den von Kunden gespendeten Altbrillen sah irgendwie komisch aus. Fast alle waren gekittet, gelötet oder sonst wie repariert worden. Franjo nahm sich einfach ein Modell, brach es geschickt entzwei und setzte es dann wieder fachgerecht instand. Frei nach dem alten Spruch: Wer keine Arbeit hat, der bricht sich welche!

PS: Dass wir in der richtigen Firma arbeiteten, haben wir sichtbar unterbeschäftigten Mitarbeiter auch daran gemerkt, dass in dieser Krise keiner von uns "freigestellt" wurde. Schon in Jahresfrist war die durch den Schock der Arbeitslosigkeit ausgelöste Kaufzurückhaltung spürbar geringer geworden. Wir hatten wieder ordentlich zu tun.

 

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